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Hauptversammlung der Deutschen Lufthansa AG am 15. Juni 2000 in Berlin
Weitere Berichte von der Hauptversammlung 2000 der Lufthansa AG:
[Längerer Bericht von der Hauptversammlung]
[Aufruf: An alle Lufthansa Aktionäre]
[Wortmeldung von Dr. Reinhold Grether]
[Fotos von den Aktionen auf der Hauptversammlung]
Turbulenzen bei der Kranich-Linie - Kampagne gegen Abschiebungen im Aufschwung
Als gelungenen vorläufigen Höhepunkt der Kampagne "deportation class stop! - gegen Abschiebungen mit der Lufthansa" konnte kein mensch ist illegal die Aktionärsversammlung der Lufthansa AG im Berliner Kongresszentrum ICC gestalten.
Bereits vor dem Eingang wurden die AktionärInnen von einer Gruppe "FlugbegleiterInnen" in blauen Kostümen und Anzügen empfangen, die das Thema Abschiebung mittels einer anschaulich dargestellten Passagierfesselung à la BGS präsentierten.
Im Saal selbst saßen die adrett gekleideten AktivistInnen in den vordersten Reihen der lt. Presseangaben 4.000 (aber tatsächlich wohl eher halb so viel) AktionärInnen, indes der zahlreich vertretene Sicherheitsdienst nach verdächtig aussehenden "StudentInnen" Ausschau hielt.
So war die Überraschung groß, als plötzlich während der Rede des Aufsichtsratsvorsitzenden dem auf dem Podium versammelten Vorstand und Aufsichtsrat von Lufthansa mehrere Transparente vor die Nase gehalten wurden, mit denen an die in Lufthansa-Maschinen getöteten Kola Bankole und Aamir Ageeb erinnert und ein Stopp der Abschiebungen gefordert wurde.
Nach diesem ersten Event mit lautstarken Parolen der AktivistInnen, vielstimmigem Gepöbel von Otto & Ottilie NormalreaktionärIn und augenbetäubendem Presse-Blitzlichtgewitter kehrte zunächst trügerische Ruhe ein, bis Jürgen Weber, LH-Vorstandsvorsitzender und als solcher bereits im Frühjahr Ziel einer Farbattacke von AntirassistInnen, seine Rechenschaftsrede begann. Nach wenigen Minuten wurde auch er unterbrochen von einer zweiten "Welle" von Transparenten, deren HalterInnen diesmal etwas schneller vom äußerst nervösen Sicherheitsdienst zum Ausgang expediert wurden.
Jedoch war dies noch lange nicht das Ende des Themas deportation.class, denn in den folgenden Frage- & Antwortstunden meldeten sich noch mehrfach weitere AktivistInnen von kein mensch ist illegal zu Wort, und auch andere RednerInnen griffen das Thema auf oder brachten andere unangenehme Themen zur Sprache wie die Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen während der Nazi-Zeit und die geplante Erweiterung des Frankfurter Flughafens.
Während einem Sprecher von kmii kurzerhand das Mikro abgedreht wurde und er unter anhaltendem Applaus des AktionärInnenmobs vorübergehend des Saales verwiesen wurde, konnte eine weitere Rednerin dem LH-Vorstand in aller Ruhe nachweisen, daß es eine Beförderungspflicht für deportees, wie immer behauptet, nicht gebe und Lufthansa Abschiebungen schon aus ethischen Gründen ablehnen könne. Was für tropische Ziervögel gelte, deren Transport LH nicht mehr durchführe, müsse umsomehr auch auf Menschen angewandt werden! Und auch die wiederholt von Lufthansa in Presseerklärungen sowie auf der Aktionärsversammlung verbreitete Behauptung, bereits seit 1999 würden "Schüblinge" nicht mehr gegen ihren Widerstand abgeschoben, wurde als Schutzbehauptung enttarnt, mit einem Gegenbeweis ebenso wie mit der Tatsache, daß es eine entsprechende Anweisung an die LH-Flugzeugführer nicht gibt.
Aus einer ganz anderen Richtung argumentierte ein Internetforscher aus Konstanz, welcher der gebannt lauschenden Versammlung darlegte, welche Verluste dem Konzern und seinen AktionärInnen daraus entstehen könnte, wenn die Kampagne zur Schädigung des Lufthansa-Image sich unkalkulierbar in die Dimensionen des Internet ausweitete. Als Beispiel führte er den Kampf der Internet-Künstlergruppe eToy gegen den Spielwarenkonzern eToys an. Letzterer gewann in einem Streit um die Namensgebung zwar vor den Gerichten, wurde dann jedoch mittels einer Internetkampagne mit vielen Beteiligten zum Rückzug gezwungen. Der Wertverlust an der Börse betrug schließlich 5 Milliarden Dollar, wo hingegen das Eigenkapital der Lufthansa von 7 Milliarden DM doch etwas lächerlich wirkt. Das beeindruckte große wie kleine AktionärInnen offenbar sehr, die diesmal noch mit 1,10 DM Dividende pro Aktie beglückt werden konnten.
Alles in allem wurde - mithilfe auch des Dachverbandes der kritischen AktionärInnen, welcher kein mensch ist illegal den Zutritt zur Aktionärsversammlung ermöglichte - dafür gesorgt, daß die Lufthansa nach den Aktionen auf Flughäfen und diversen LH-Institutionen auch bei diesem immerhin 3 Millionen teuren Heimspiel vom Thema deportation.class nicht mehr loskam. Erreicht wurde auch das vom Vorstandsvorsitzender Jürgen Weber erstmals presseöffentlich gemachte Statement, Lufthansa stehe in Verhandlungen mit dem Bundesinnenministerium mit dem Ziel, sich völlig aus dem Geschäft mit Abschiebungen zurückzuziehen.
Um Lufthansa bei diesen schwierigen Verhandlungen nachhaltige Unterstützung zu geben, beschloß die tags darauf stattfindende Versammlung der kmii-AktivistInnen, die Beziehungen zum Konzern durch weitere Auftritte und Besuche bei Lufthansa zu festigen. Ein Highlight könnte z.B. der Besuch des bisher wenig frequentierten LH-Standes auf der EXPO werden.
Um die viefältigen Möglichkeiten des Internet zur Ausweitung der Kampagne "deportation class stop!" zu diskutieren, wurde ein öffentliches Forum auf den Webseiten beschlossen.
Da Lufthansa nicht die einzige Fluggesellschaft ist, mit der Abschiebungen durchgeführt werden, sind alle LeserInnen auch der Swing aufgefordert, kein mensch ist illegal bei einer Recherche zu helfen, mit der wir weitere und genauere Informationen über Abschiebegesellschaften sammeln wollen, um gegebenfalls die Kampagne gezielt auszuweiten.
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