Internierung stoppen - Welcome to all Refugees!
30 AktivistInnen steigen der Fraport aufs Dach!
Während Fraport seit dem Frühsommer (wie auch am vergangenen Samstag) mit
allen Mitteln versucht, Demonstrationen gegen Abschiebungen und Internierung
aus dem Flughafenterminal zu verbannen, gehen wir heute demonstrativ einen
Schritt weiter: Wir protestieren erstmals im Flughafengelände, über dem Tor
3 und in unmittelbarer Nähe des Gebäudes C182/183, der sogenannten
Flüchtlingsunterkunft, die schon offiziell als "haftähnliche Unterbringung"
bezeichnet wird.
Zwischen 20 und 80 Menschen sind hier tagtäglich interniert, Frauen, Männer
und Kinder, die nichts anderes "verbrochen" haben als Asyl zu suchen.
Ein rassistisches Sondergesetz, der § 18 Asylverfahrensgesetz, bildet die
rechtliche Grundlage für diese andauernden Menschenrechtsverletzungen, gegen
die wir mit unserer heutigen Aktion in neuer Art und Weise protestieren.
Wir wollen direkt vor Ort unsere Solidarität mit den betroffenen
Flüchtlingen zeigen, die hier hinter Gittern, verriegelten Fenstern und
Stacheldraht gefangen gehalten werden.
Wir wollen sie ermutigen in ihrem Widerstand gegen das unmenschliche
Grenzregime, das ihnen die Einreise verweigert. Wir wollen sie ermutigen,
das juristische Prozedere durchzuhalten oder auch selbst zu protestieren und
sich gegen Abschiebungen zu wehren.
Und wir freuen uns insbesondere, dass vor wenigen Wochen erneut drei
Flüchtlingen die Flucht aus diesem Lager gelungen ist.
Der Öffentlichkeit und nicht zuletzt Fraport selbst wollen wir mit der
Aktion demonstrieren, dass der Protest gegen Internierung und Abschiebungen
am Frankfurter Flughafen in verschiedensten Formen weitergehen wird.
Und dass dieser nicht mehr unbedingt vor den Betriebstoren Halt macht.
Dies gilt nicht zuletzt im Hinblick auf das neue, im Bau befindliche Lager
im Bereich der Cargo City Süd. Die bisherigen völlig unzumutbaren räumlichen
Bedingungen mögen damit kosmetisch verbessert werden. Doch der Kern der
Unmenschlichkeit, die permanente Abschiebungsdrohung und die damit
verbundenen psychischen Zerrüttungen, die zu täglicher Verzweiflung, zu
Retraumatisierungen und zu häufigen Suizidversuchen führen, bleiben
unverändert bestehen.
Zudem ist in Planung, ein zusätzliches Abschiebegefängnis auf dem
Flughafengelände zu bauen und damit die Praxis rassistischer Gewalt, der
Abschiebungen und Illegalisierung von Menschen weiter zu intensivieren.
"...Menschen können schön sein oder schöner. Sie können gerecht sein oder
ungerecht. Aber illegal? Wie kann ein Mensch illegal sein? ..." (Elie
Wiesel)
Wir fordern:
Sofortige Auflösung des Internierungslagers,
den Neubau einstellen!
Stopp aller Abschiebungen!
Grenzen auf für Alle!
Kurzbericht von der Aktion
Die Aktion verlief nicht völlig glatt, denn zunächst mussten sich einige
Unentbehrliche erstmal durch die Staus rund um Frankfurt kämpfen.
Schliesslich ging's aber doch noch los: kurz nach 15 Uhr stoppten 3
Kleinbusse vor Tor 3, dem am nächsten zum Internierungslager auf dem
Frankfurter Flughafen gelegenen Eingang. Heraus sprangen rund 30 Gestalten
in weissen, mit "kein mensch ist illegal" bedruckten Overalls. Eine kleinere
Gruppe bestieg sofort den Container des Wachpersonals am Eingang und
entfaltete ein Transparent, die grössere Gruppe stürmte mit einer langen
Leiter auf das Gelände in Richtung Internierungslager, um dort das Vordach
zu besetzen. Leider stellte sich ihnen sehr schnell eine Bande
Grünuniformierter entgegen, so dass ein schneller Rückzug zum Eingang
angesagt war. Dort wurde die Leiter flugs an die vielleicht 5 Meter hohe
überdachung von Tor 3 gestellt, so da¤ es noch sechs AktivistInnen gelang,
das Dach zu besteigen. Dort wurden in Richtung der anwesenden Medien, einem
dpa-Fotografen und einem Team des Hessischen Rundfunks, und zum
Internierungslager hin Transparente mit den Parolen "No border, no nation,
stop deportation" und "Internierungslager stoppen - Welcome to all Refugees"
aufgehängt. Während die unten Verbliebenen allmählich von der Polizei
abgedrängt wurden, konnten die DachbesetzerInnen mittels Megaphon die
Flüchtlinge im Internierungslager auf sich aufmerksam machen, so dass die
nächste halbe Stunde beiderseits mit kräftigem Winken gefüllt wurde.
Schliesslich liess die Einsatzleitung der Polizei die DachbesetzerInnen von
der Feuerwehr herunterholen; das wäre zwar nicht nötig gewesen, sollte aber
wohl die Einsatzkosten erhöhen. Die AntirassistInnen wurden in
Gefangenenbusse verfrachtet und nach Frankfurt in den Knast gebracht, wo der
letzte dann um 22 Uhr entlassen wurde.
Belohnt wurde die Aktion mit einem sehr guten Bericht in der Hessenschau am
Abend.
Angesichts der unvermutet zahlreich anwesenden Polizei - die wohl
ausgerechnet dort wegen des für 16 Uhr bei Lufthansa angekündigten
Bundes-Schröder zwischengelagert war; oder haben sie etwa was geahnt? -
konnte die Aktion zwar nicht direkt bei den gefangenen Flüchtlingen
stattfinden, dennoch empfanden wir alle den Tag als sehr gelungen.
Dies war nicht die letzte Aktion auf dem Gelände!
»Deportation Class - gegen das Geschäft mit Abschiebungen« ist eine Kampagne, die »kein mensch ist illegal« Ende März 2000 der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Ziel ist, auf Fluglinien, die sich für die Beförderung von gewaltsam in das Flugzeug verschleppten Menschen bezahlen lassen, öffentlichen Druck auszuüben, sowie Passagiere und Bordpersonal zum Eingreifen auffordern. Die Kampagne richtet sich zunächst vor allem gegen die Deutsche Lufthansa, weil die deutsche Airline ihre Flugverbindungen in die ganze Welt für Abschiebungen zur Verfügung stellt und sich so zum willfährigen Handlanger der brutalen Abschiebepraxis macht.
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