Bericht von Ahmeds Prozeß
30.Nov.99 - Ahmeds Prozeß ist am Mittwoch im Belagerungszustand über die Bühne gegangen:
* Eingangskontrollen am Gericht den ganzen Tag über
* Bereitschaftspolizei und Nationalpolizei in Überzahl
* Nur sechs Personen konnten am Prozeß teilnehmen.
Diese Maßnahmen belegen einmal mehr die ungerechte und außergewöhnliche Behandlung, deren Opfer Ahmed ist: Haft, Isolation, Haftprüfungstermin ohne Anwalt, Aufrechterhaltung der Haft, Besuchsverbot...
Ahmed wurde zu acht Monaten verurteilt, davon fünf auf Bewährung. Man kann nur anmerken, daß im Kontext der "Null Toleranz" der letzten Monate für ähnliche Delikte (Randale und Gewalt gegen Beamte) viel härtere Strafen ausgesprochen wurden. Das unterstreicht, daß diese Verurteilung nicht die Anerkennung seiner Schuld darstellt, sondern einen Versuch darstellt, die Bewegung einzuschüchtern.
Angesichts der Taten, die Ahmed vorgeworfen werden, erscheint das Urteil wie eine exemplarische Verurteilung der Aktionen rund um das Grenzcamp. Im Lauf des Verfahrens ist auch der Wille deutlich geworden, die politische Dimension zu verstecken und die Polizeigewalt zu ignorieren: Die Zeugenaussage des Demonstranten, der durch ein Gummigeschoß verletzt wurde, wurde gar nicht gehört. Andererseits wurden die wiederholten Abschweifungen in den Zeugenaussagen der Polizisten nicht unterbunden. Nebenklage und Anklage haben versucht, die No-Border-Bewegung zu als Zerrbild zu stigmatisieren ("paramilitärische Gruppe", "spezialisiert auf Stadtguerilla"), und Ahmed beleidigt ("feige, "minable" -- sorry, ich kann keine französischen Schimpfwörter). Letzte Erniedrigung: Ahmed hat das Urteil in Handschellen gehört.
Wir haben mit hundert Leuten vor dem Gericht demonstriert, während in Frankreich und im übrigen Europa Aktionen durchgeführt wurden (siehe eigene Erklärung).
Das Ergebnis dieses Prozesses, des ersten in der Serie, wird nicht unbeantwortet bleiben. Denn bestraft wird einer, gemeint sind wir alle -- wir, die wir versuchen, die Gesellschaftsordnung zu stürzen und die Zwänge zu zerstören, die unsere Wünsche einsperren.
Wir fordern die Aufhebung der Isolation, der Ahmed und eine große Anzahl von Gefangenen unterliegen. Wir fordern im Namen des No-Border-Netzwerks und der Gesamtheit der Gruppen und Personen, die am Camp teilgenommen haben, Ahmeds sofortige Freilassung und die Einstellung der Verfahren gegen alle Beschuldigten.