|
Polizisten machen Piloten für den Tod eines Abschiebehäftlings verantwortlich
"KEIN MENSCH IST ILLEGAL" warnt die Lufthansa vor den rechtlichen Folgen des Rechtsstreits und fordert die Beendigung der Abschiebungen durch Fluggesellschaften.
Der Pilot der Balkan-Air-Maschine, in der am 1. Mai vergangenen Jahres der Nigerianer Marcus Omofuma bei der Abschiebung aus Österreich zu Tode kam, soll dafür strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Das fordert der Rechtsanwalt der Polizisten, die Omafuma gefesselt und geknebelt hatten vor dem Landgericht Korneuburg. Dort läuft derzeit die gerichtliche Voruntersuchung wegen "Quälens eines Gefangenen mit Todesfolge". Der bulgarische Gerichtsmediziner, Professor Stojcho Radanov, bestätigte mit seinem Gutachten, dass Omofuma während der Abschiebung erstickt war und widerlegte die Behauptung der österreichischen Behörden, wonach Omofuma an Herzschwäche verstorben sei.
In Österreich gerät damit erstmals die Frage der Verantwortung des Flugkapitäns für den Todesfall bei einer Abschiebung in den Mittelpunkt einer gerichtlichen Untersuchung. "Das wird in der Chefetage der Deutschen Lufthansa mit Sicherheit für Aufregung sorgen", sagt die Münchner Rechtsanwältin und Aktivistin von KEIN MENSCH IST ILLEGAL, Gisela Seidler. "Wir haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass Piloten riskieren, wegen Tötung oder Körperverletzung durch Unterlassung belangt zu werden, wenn sie es hinnehmen, dass Polizisten Abschiebehäftlinge an Bord misshandeln." Der Pilot stehe in einer sogenannten Garantenstellung, d.h., er sei verpflichtet, in derartigen Fällen einzugreifen oder dem Flugpersonal entsprechende Anweisungen zu geben. "Tut er dies nicht", so die Juristin, "macht er sich schuldig - auch im strafrechtlichen Sinn."
Für die Fluggesellschaften habe dies erhebliche Konsequenzen, meint Seidler. Schließlich haften sie als Arbeitgeber zivilrechtlich, wenn Piloten bei der Gefahr für Leib und Leben der Passagiere nicht eingreifen. "Fluggesellschaften, sowie jeder einzelne Pilot, sind deshalb gut beraten, Abschiebungen grundsätzlich abzuehnen", sagt die Aktivistin von KEIN MENSCH IST ILLEGAL. "Selbstverständlich kann die Verantwortung des Flugkapitäns nicht dazu herhalten, die Schuld der Polizisten zu mindern. Diese sind aktive Täter und bleiben Hauptschuldige am Tod Omofumas", betont Seidler abschließend.
Die Kampagne "kein mensch ist illegal" wurde im Juni 1997 auf der documenta X in Kassel gestartet. In wenigen Wochen schlossen sich mehr als 200 Gruppen und Organisationen, sowie tausende von Einzelpersonen einem Appell an, Flüchtlinge und MigrantInnen unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus "bei der Ein- oder Weiterreise zu unterstützen, MigrantInnen Arbeit und Papiere zu verschaffen, medizinische Versorgung, Schule und Ausbildung, Unterkunft und materielles Überleben zu gewährleisten." In den letzten drei Jahren hat sich auf der Basis dieses Appells ein vielfältiges und auf verschiedenen Ebenen arbeitendes Netzwerk entwickelt. Seit März 2000 tritt "kein mensch ist illegal" mit der Kampagne "deportation class - gegen das Geschäft mit Abschiebungen" an die Öffentlichkeit.
|